Auf Einladung von Oberbürgermeister Jürgen Roth verbrachte der am Freitag vor Fasching infolge eines erfolgreichen Rathaussturms „entmachtete“ Bürgermeister von Friedrichsthal einige närrische Tage bei der Partnerstadt Villingen-Schwenningen, um sich mit dem Brauchtum der schwäbisch-alemannischen Fasnet etwas näher zu beschäftigen.
In Villingen-Schwenningen beginnt die Vorfreude auf die Fasnet am Dreikönigstag, dem 6. Januar, mit dem Abstauben der Masken ('Schemen'). Die Fasnetbälle werden vorbereitet und alle stimmen sich auf die Umzüge ein. Wenn dann die bunten Fähnchen an den Umzugsstrecken aufgehängt werden, wird die Stimmung im 'Städtle' immer fröhlicher und ausgelassener.
Ein Highlight in Villingen ist die Fasnetsuche am Fasnetsonntag. Die Züge der Glonki-Gilde marschieren von der Niederen-, Oberen- und Rietstraße an das Bickentor und werden dort von tausenden Zuschauern empfangen. Die Fasnetsuche wird mit Funkenregen am Bickentor und der musikalischen Begleitung vom Spielmannszug eröffnet und endet mit einem großen Feuerwerk.
Unvergesslich sind die unterschiedlichen Umzüge traditionsreicher Narrengilden mit ihren hunderten Mitgliedern, die von Musikkapellen rhythmisch begleitet werden. Überhaupt verfügt man hier über ein vielfältiges Repertoire an speziellen Fastnachtsmelodien und –gesängen, die gerne auch in den Gaststätten und Treffpunkten zur Aufführung gebracht werden.
Bei der schwäbisch-alemannischen Fasnet gibt es eine große Bandbreite von unterschiedlichen Figuren – von sehr alten wie dem Narro bis hin zu Neuerfindungen wie den zahlreichen Hexen. Doch jedes Jahr tragen die Narren das gleiche 'Häs', wie die Verkleidung hier genannt wird, im Gegensatz zur Kostümierung im Karneval und Fasching. Mit ihren Masken, 'Schemen' genannt, welche in Villingen-Schwenningen meist aus (Linden-)Holz geschnitzt sind, bleiben die Umzugsteilnehmer anonym. Das ist essentiell für einen der wichtigsten Bestandteile des Fasnetsbrauchtums überhaupt: Gerne halten die Umzugsteilnehmer am Straßenrand Ausschau nach bekannten Gesichtern, um sie unerkannt mit einem kleinen Witz aufzuziehen (zu 'strählen'). Diese Eigenschaften haben auch dazu beigetragen, dass die schwäbisch-alemannische Fasnet im Dezember 2014 in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde.
Während der Tage lernte man im ungezwungenen Rahmen die Gastgeber näher kennen und wurde nach und nach mit den Besonderheiten des Fasnetsbrauchtums vertraut gemacht. Während im Stadtbezirk Villingen viele Fasnetvereine an den Hohen Tagen eine eigene Wirtschaft betreiben ('Stüble' genannt), ist es im Stadtbezirk Schwenningen Brauch, von Haus zu Haus zu ziehen und sich von Bekannten und Freunden bewirten zu lassen.
Verständlich, dass auch Bürgermeister Jung und die anderen offiziellen Gäste der Stadt VillingenSchwenningen sich in den gastlichen Stätten umschauten, um neuen Schwung für die Teilnahme an den vielfältigen Veranstaltungen des Besuchsprogramms zu finden.
Anlässlich der diesjährigen Fasnet stand ein Zusammentreffen mit den Vertretern mehrerer Partnerstädte an. Oberbürgermeister Jürgen Roth und seine französischen Amtskollegen Patrick Genre und Carmen Semenou aus Pontarlier und La Valette du Var konnten die langjährigen Partnerschaften ihrer Städte feierlich erneuern. Im Franziskanermuseum unterzeichneten sie erneut die Urkunden über die Verbindungen, die inzwischen seit fünf beziehungsweise sechs Jahrzehnten bestehen. Delegationen aus den beiden französischen Partnerstädten waren ebenso zur Fasnet nach Villingen-Schwenningen gekommen wie Vertreter der befreundeten Städte Zittau und Friedrichsthal.
Das 50- und 60-jährige Bestehen der Städtefreundschaften sei nicht nur ein Anlass, gemeinsam zu feiern, sondern auch ein Ansporn, um neue Wege zur Vertiefung der Partnerschaften zu suchen, betonte OB Jürgen Roth in seiner Ansprache.
Zu den stärksten Bindungen zwischen VS und den französischen Städten zählen laut Roth die Schulpartnerschaften: „Jährlich besuchen unsere Schüler Pontarlier und La Valette und umgekehrt.“
Aber auch auf vielen anderen Ebenen seien Freundschaften entstanden – seien es Musikvereine, Feuerwehren und andere Vereinigungen. „Jeder, der daran beteiligt ist, brachte und bringt ein Stück Freundschaft nach Frankreich und umgekehrt“, so der VS-Rathauschef. Solche Freundschaften seien das Herzstück der Partnerschaft.
An diesem Beispiel wird sich auch die Stadt Friedrichsthal messen lassen, wenn es gilt, im Jahre 2027 die dann seit 90 Jahren bestehende Städtefreundschaft zu feiern und nicht nur eine Begegnung zwischen den Stadträten zu organisieren, sondern auch die bürgerschaftlichen Beziehungen auf der Ebene von Vereinen und Organisationen mit neuem Leben zu erfüllen.
Eine besondere Ehre wurde dann noch den Gästen aus den Partnerstädten zuteil, indem sie sich in das Goldene Buch der Stadt eintragen durften, bevor sie ihr Weg zum nächsten Umzug der Gilden durch die beeindruckend schöne Altstadt Villingens führte.